Das Fähnlein der sieben Aufrechten
Frauenfiguren als Katalysatoren in Kellers Novelle
"Das Fähnlein der sieben Aufrechten"
Karl, der Sohn des Schneidermeister Hedigers, hat sich in Hermine Frymann verliebt. Aber da die beiden Väter dem Verein der sieben Aufrechten angehören und ihre Freundschaft nicht aufs Spiel setzen wollen, verbieten sie den Jungen das Zusammensein. Vater Hediger hat Angst, dass Karl durch den Einfluss des reichen Frymanns überheblich wird und dadurch die Freundschaft der Aufrechten gefährdet. Ausserdem hat Frymann für seine Tochter einen "begabteren" Bräutigam gefunden. Karls Mutter sieht dies anders, sie denkt, ihr Sohn sei ein gesetzter junger Mensch und lasse sich nicht durch den Reichtum beeinflussen. Wenn immer möglich probiert Frau Hediger die beiden zusammenzubringen. "..., deine Tochter sitzt in dickster Herrlichkeit bei meiner Alten, und es ist mir ein sehr verdächtiges Getue, du weisst, die Weiber sind des Teufels." (S. 40).
Zu jener Zeit, als das Buch geschrieben wurde, war es ein grösseres Problem zwischen den verschiedenen Gesellschaftsschichten zu heiraten als heute. Der arme Teil der Bevölkerung hatte die Befürchtung, dass sie in noch grössere finanzielle Probleme kommen könnten, wenn sie mit der Oberschicht verkehren würden. "Sehe ich eine der jungen Frauen mit einem neuen Kleid einherziehen, so fürchte ich, sie stürze den Mann in üble Umstände und Schulden; ..." (S. 25). Die zukünftigen Ehepartner sollten sich selbständig finden und sich vor dem Heiraten kennen lernen. Ich finde es nicht gut, wenn der Vater für seine Tochter den richtigen Mann finden will und diese dann ohne vorheriges Zusammenleben heiraten sollten. "Nun hockt deine Frau bei meiner Tochter im Garten und freut sich mit ihr, dass mir ein Heiratsprojekt gescheitert ist!" (S. 51). Hedigers Frau dachte aber schon damals anders. Wie ein Katalysator fördert sie den Kontakt zwischen den Kindern, ohne dass sie selber daran beteiligt ist. Hermine wollte den für sie bestimmte Mann nicht heiraten und sorgte dafür, dass er nicht zum abgemachten Essen erscheint. Sie war nicht ganz unglücklich als ihr Vater von dem Ausgewählten abliess. Mutter Hediger war immer der Ansicht, Hermine und Karl würden gut zusammenpassen. Sie kennen sich schon seit der frühen Kindheit und haben schon einiges zusammen erlebt. Trotzdem, wenn sich die Heiratswilligen, aber auch die Eltern und Freunde schon lange kennen, besteht auch die Möglichkeit, dass sie zuviel voneinander wissen. Deshalb kann es zu Reiberein kommen, was dann die Ehe selber gefährden kann.
Hermine ist selbstbewusst und lässt den vom Vater ausgesuchten Gatten kurzerhand beseitigen. Frau Hediger glaubt nicht, dass durch eine Heirat die Freundschaft gefährdet wird. Sie probiert die jungen Leute geschickt zusammenzuführen.
(April 2004)
Werkangaben
Autor: Gottfried Keller
Verlag: Reclam
ISBN: 3-15-006184-9
Quelle: http://www.markusbaumi.ch/schule/aufrechten.html